REZENSION Canada Day 2012 in Hellerau von Anja Bohländer
02. Juli 2012

TanzTrauma und Semperoperballett kontrastieren die Bühne

Anlässlich des Canada Day 2012, dem für die Kanadier so wichtigen Nationalfeiertages, lud die Botschaft von Kanada in Deutschland zu einem höchst interessanten Tanzprogramm in das Europäische Zentrum der Künste Hellerau in Dresden ein. Der Canada Day erinnert an die Vereinigung der Britischen Provinzen in Nordamerika 1867. Er wird seit dem 19. Jahrhundert immer am 1. Juli gefeiert.
Zu den geladenen Gästen zählten auch Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU).

Der Abend konnte spannender nicht sein: das grazile Ballett der Semperoper trifft auf eine Company, die mit einem visuellen akrobatischen Tanztheater den zeitgenössischen Tanz explosionsartig belebt hat und für einen kurzen Moment den Atem still stehen ließ.

Das Ballett der Semperoper zeigte mit Kurzchoreographien ihres kanadischen Chefs William Forsythe Variationen des Pas de Deux. Diese Parts waren eine sequentielle Reminiszenz der Entwicklung des zeitgenössischen Tanzes hin zu abstrakten Tanzbewegungen und mäandrierte nuancenreich durch das Repertoire dieser hohen Kunst feinster Subtilität. Der letzte Part als Schlussakt dieser Reise zur Abstraktion sollte geeignet sein, das Tanztheater der Company “TanzTrauma” einzuleiten. Nach Exzess gierender packender Musik und einem ausdrucksstarkem Pas de Deux übernahmen die “Nobodys” der “TanzTrauma”-Company die Bühne.
Anmutige Schüchternheit und ätherische Schönheit des Semperoper-Auftritts wurde abgelöst von explosiver Artistik und kraftvollem Tanz. TanzTrauma präsentierte Körperbeherrschung gegen und mit der Fliehkraft. Ihre Formationen waren eindrucksvolle Abstraktionen und man möchte mit den Worten des kanadischen Botschafters fragen: “Hey, is it skurril enough vor you?”

Ein Geflecht aus Tanz, der physikalischen Gesetzen zu widersprechen scheint, visuellen Effekten und extravaganten Szenerien nahm die Zuschauer in den Bann. Skurril Part3 war jedoch nicht nur ästhetisch anspruchsvoll. Die Show war eine komplexe Auseinandersetzung mit einer letztlich ewig währenden Frage: wer bin ich, was will ich sein, wo will ich hin? Eine tänzerische Interaktion mit übermannshohen Spiegeln und digitalen Projektionen gaben Einblick in egomanische Illusion und Desillusion, wie überhaupt die Frage gestellt wurde, ob das Ich nicht eine ständige Inszenierung seiner Selbst ist. Eine Maskerade der eigenen Identität, die im wechselnden Rollenspiel bis zur Unkenntlichkeit degeneriert. Verblendungen durch Vexierbilder. Eine skurrile Anspielung auf den Gedanken der Vanitas? Eine Aufforderung zur Selbstreflektion allemal.

Das Publikum jedenfalls war begeistert. Erneut tosender Beifall für eine grandiose Performance. Nobodys sind “somebodys”, so der beeindruckte kanadische Botschafter Peter M. Boheme, der die Show athletisch und modern bezeichnete. Dem europäischen Zentrum der Künste Hellerau ist einmal mehr ein hervorragendes Programm gelungen. Hellerau scheut sich nicht, unterschiedliche Stile bewusst zu kontrastieren und genau auf diese Weise inspirierende Impulse zu geben und anzuregen, stets über den eigenen Bühnenrand zu schauen. Gerade zeitgenössischer Tanz kann in seiner Unterschiedlichkeit verschiedene Stile gleichberechtigt zusammenbringen und eine bereichernde tänzerische Kommunikation initiieren. Einheit durch Vielfalt – der Slogan Europas bekommt so seine tänzerische Verwirklichung. Das macht neugierig und belebt die Sinne! Beim Tanz hört Europas Krise auf – zumindest im Europäischen Zentrum der Künste in Dresden-Hellerau.

 
 

REZENSION Tanzwoche Dresden 2012 von Gabriele Gorgas
21./22. April 2012

Gala mit „Dornenkrone“
Ereignisreiche Eröffnungs-Gala im Festspielhaus Hellerau weckt Neugier auf Tanzwoche Dresden 2012

Er hat dem Publikum im Festspielhaus Hellerau für die bestens besuchte Gala zum Auftakt der Tanzwoche Dresden 2012 wahrhaft nicht zu viel verspro- chen. Als Leiter und Moderator dersel- ben, als steter Reisender in Sachen Tanz kennt Boris Michael Gruhl so ziemlich alles, was sich im Freistaat Sachsen künstlerisch bewegt. Seine Ankündi- gung, die Zuschauer könnten mit Über- raschungen rechnen, ist somit keines- falls aus der Luft gegriffen. Wie auch der Hinweis auf die Vielfalt der Erschei- nungsformen von Tanz – an diesem be- sonderen Abend im Großen Saal be- kommen die Besucher davon eine konkrete, in dieser wechselvollen Dichte rare Vorstellung.
Es ist eine abenteuerliche Mischung, mit Beispielen aus Theatern, der Freien Szene, mit in Sachsen engagierten Tän- zern und Choreografen aus der Region. Die Gala will neugierig machen auf das Tanzgeschehen überhaupt, und so sind die territorialen Grenzen nicht allzu eng gefasst, wird man quasi auch „angefüt- tert“, um sich selbst auf Reisen zu bege- ben. Zum Beispiel nach Dortmund, um die Tänzerin Jelena-Ana Stupar erneut
zu sehen, die in Hellerau in der Choreo- grafie von Paul Julius „A cast of skin“ überzeugt hat. Und da ist dieses wun- derbare, von Jeff Buckley inspirierte „Hallelujah“-Duett von und mit Nora Hageneier sowie Dan Pelleg (Tanzcom- pany des Theaters Görlitz-Zittau). Ein duales Ausbalancieren in ungewöhnli- cher Bewegungssprache, frei von Effek- ten und Allüren. Schließlich „steht“ er auf dem Kopf und sie neben ihm auf beiden Beinen. Mit der Schlussfolgerung des ewig Menschlichen: „Und wenn sie nicht gestorben sind…“
Völlig anders, aber auch bemerkens- wert das Aufeinandertreffen von Tanz (Marita Matzk) und Gesang (Cornelius Uhle/Bariton) als kurios gehandhabte Form der Anziehung („Tür auf! Mich zieht’s…“) zu einem soghaften Lied des englischen Komponisten John Dowland. Eine weitere Variation des benannten Themas, hier mehr als heißes Bemühen in der Konfrontation mit männlich-ste- ter „Standfestigkeit“. Dazu passt aus den gewitzten, von Reiner Feistel cho- reografierten Beiträgen des Balletten- sembles der Landesbühnen Sachsen auch „Die Fromme Helene“ (mit Helena
Gläser) ebenso wie die „Dornröschen“- Begegnung von Prinzessin (Isabel Dom- hardt) und Prinz „Schaut mich an!“ (Norbert Kegel).
Sympathisch, dass einige Auftritte, die erstmals bei der „Linie 08“ im Nancy Spero Saal des Festspielhauses zu erle- ben waren, nun auch im Großen Saal in einer anderen Dimension zu sehen sind. Beispielsweise Katja Erfurth (Dresden) in der Choreografie von Thomas Hart- mann „Frau mit blauem Kleid“ oder Ju- liana Bauer von der TanzLoopskompa- nie Leipzig in „Nahthafte Verzweigung“ (Choreografie: Jana Ressel).
Mit einem Ausschnitt sowie dem Vor- geschmack auf die bevorstehende Pre- miere „Kiss me, Kate“ (Choreografie: Christopher Tölle, Regie: Holger Hauer“) ist das Ballett der Staatsoperette Dres- den nach Hellerau gekommen, und hier wie überhaupt lassen sich bei der Gala Ehemalige aus vielen Absolventenjahr- gängen der Palucca Hochschule für Tanz entdecken. Kein Wunder, dass die Umarmungen und Gespräche im An- schluss an die mehrstündige Aufführung bald schon ein „Schultreffen“ vermuten lassen – sie kennen sich doch irgendwie
(fast) alle. Und in der Choreografie von Anke Glasow sind Kinder der Orientie- rungsstufe Tanz und Studierende der Palucca Hochschule auch mit einem lie- benswerten „Kontraste“-Beitrag dabei.
Absolute Publikumslieblinge sind ein- mal mehr die Söhne des Kreises (Chemnitz/Dresden) mit drei Könnern der Breakdance-Szene in effektvoller Insze- nierung: „Skurril Part 3“. Und Boris Michael Gruhl hat zur Gala auch noch extra Extras dabei, darunter Anna Mer- kulova und Jón Vallejo vom Semperoper Ballett Dresden mit ihrem exzellent ge- tanzten Pas de deux von William Forsy- the. Als Überraschungsgast setzt Bridget Breiner aus Stuttgart in der Choreografie von Marco Goecke zum Barbara-Song „Sid‘amour à mort“ (1987) dem Ganzen schließlich die „Dor- nenkrone“ auf.
So viel Verletzlichkeit, ein immer wie- der beginnender Kreislauf von Hinter- fragen, Zögern – die berührend-fragile Symbiose von Tanz und Stimme. Das Gespinst vibrierender Seelen – hinweg- gefegt von den kraftvollen, vitalen Tän- zern aus Chemnitz. Schluss. Punkt. So ist das Leben.

 
 

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